Freitag, 31. Oktober 2014

Medizinische Aspekte des Schusswaffentraings (Teil 4)

Selbstgespräche

Selbstgespräche dienen in erster Linie dazu, wiederholt und systematisch Leistungen mental zu beeinflussen. Dies ist sowohl positiv als auch negativ möglich. Auf die entsprechenden Konditionierungsmöglichkeiten der Großhirnrinde und entsprechender subkortikaler ZNS-Bereiche wurde bereits hingewiesen.

Selbstgespräche sind vereinfacht ein interne, ständig ablaufender Dialog, der in unterschiedlichste Richtungen gelenkt werden kann. Wann immer wir denken, und das geschieht ständig, führen wir Selbstgespräche. Diesen Dialog abzuschalten fällt extrem schwer. Techniken hierzu finden sich in allen Religionen und Kulturen, von fernöstlicher Meditation bis zum Beten eines Rosenkranzes in der christlichen Tradition.
Dieser interne Dialog beeinflusst uns in ungeahntem Maße. Motivation, Tatendrang aber auch Mutlosigkeit, Resignation und Selbstaufgabe sind darüber extrem beinflussbar.
Ein Radrennfahrer, der sich ständig sagt, "ich liege 30 Sekunden zurück, das hole ich nie auf", wird dies wahrscheinlich auch nicht schaffen. Der Gedanke, "an der nächsten Steigung kommt meine Chance, da bin ich besser" ist zielführend.  Nur so besteht überhaupt die Chance, ein angestrebtes Ziel zu erreichen. Auch im beruflichen, privaten und sozialen Bereich greift dieses Muster.

Selbstgespräche sollen motivieren und das geplante Vorhaben unterstützen.
Nochmals sei darauf hingewiesen, dass die Ziele zwingend realistisch sind!

Folgende Punkte sind von besonderer Bedeutung:

 

Checkliste Selbstgespräche

Nur positive Formulierungen verwenden!
"Ich werde alle Ziele treffen"

Verneinungen vermeiden!
"Ich werde nicht daneben schießen"

Ein deutlicher Selbstbezug ist wichtig!
Das Wort "ich" soll enthalten sein.

Eigene Stärken hervorheben!
"Ich bin sehr schnell".

Lösungsorientiert und handlungsrelevant sein!
"Schön gleichmäßig den Abzug betätigen".

Gegenwart und Zukunft thematisieren!
"Ich bin, bleibe, werde..."

(nach mobilesport.ch, Psychologisches Training, S. 4)

Es ist ebenfalls sinnvoll, alle Sinne zu thematisieren, visuelle und auditive Aspekte stehen aber meist im Vordergrund.

Meditation

Oftmals wird der Begriff "Meditation" instinktiv mit Religion oder Esoterik in Verbindung gebracht. Dies ist einerseits verständlich, da sich entsprechende Techniken und Rituale in praktisch allen Religionen finden. Andererseits ist dies zu kurz gegriffen, da Meditationen, in welcher Form und Art auch immer, längst in unser modernes Leben Einzug gehalten haben. Als Beispiel seien nur die vielen Yoga-Kurse in allen erdenklichen Variationen erwähnt. Hierbei spielen meditative Elemente eine erhebliche Rolle. In Westeuropa und im angloamerikanischen Raum wurde in den letzten Jahrzehnten verstärkt nur die körperliche Komponente der Einheit von Körper, Geist und Seele (ZEN-Buddhismus) betont. Die mentale und psychische Komponente wurde vernachlässigt.

In den letzten Jahren ist hierbei ein deutlicher Wandel erkennbar, der bis in ganzheitliche Therapiekonzepte bei der Behandlung verschiedener Erkrankungen reicht. Die erwähnten Techniken der Atemregulation, Visualisierung und der Selbstgespräche sind in unterschiedlicher Intensität Elemente bei verschiedenen Meditationstechniken.

Es kann nicht Inhalt des Beitrages sein, detaillierte Techniken der Meditation vorzustellen, dies würde den Rahmen bei Weitem sprengen.  Verwiesen sei hier auf die Literaturhinweise am Schluss des Artikels.

Wichtig ist die Erkenntnis, dass mit Hilfe der Meditation entscheidende Veränderungen in beruflichen, persönlichen und gesundheitlichen Bereichen erzielbar sind. Es geht um Konzentration auf das Wesentliche, das Leben im Hier und Jetzt. Dieses Prinzip der Achtsamkeit zieht sich wie ein roter Faden durch die gesamte Literatur zu diesem Thema. Für Waffenbenutzer kann dies von großer Bedeutung sein. Hierbei sollte man sinnvollerweise mit der einschlägigen Literatur befassen bzw. Hilfe und Anleitung in Anspruch nehmen.

Zusammenfassung

Für Schusswaffenbenutzer ist eine physische und besonders psychische Konditionierung sinnvoll. Als mentale Techniken kommen im Wesentlichen Atemtechnik, Visualisierung und Selbstgespräche in Betracht. Diese Komponenten sollten bei Training und Vorbereitung auf einen Schusswaffeneinsatz systematisch trainiert werden. Hierbei gibt es noch viel Nachholbedarf. Sicher trifft dies speziell auf Militär und behördliche Waffenträger zu. Besondere Bedeutung kommt dem bei Auslandseinsätzen wie in Afghanistan zu.


Literaturverzeichnis:

Klein, N., "Meditation. Das Praxisbuch", blv Buchverlag, 2005.
Ott, U., "Meditation für Skeptiker", O.W.Barth, 2010.
"Die Kraft des Seins", Int. Shaolin Inst. e. V., www.shaolin-institute.com
"Psychologisches Training", 11/2011, www.mobilesport.ch
Bruckner, B. "Fausfeuerwaffen", DWJ-Verlag, 2003.
Moestl, B. "Shaolin. Du musst nicht kämpfen um zu siegen", Knaur, 2009.

Von Dr. Jochen Scopp

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Montag, 13. Oktober 2014

Medizinische Aspekte des Schusswaffentraings (Teil 3)

Atemtechnik

Atemtechniken haben den großen Vorteil, dass sie immer und überall trainierbar und einsetzbar sind. Auch im privaten und beruflichen Umfeld kann dies eine große Hilfe sein. So ist es mir z.B. in meiner Praxis möglich, bei bestimmten Stresssituationen diese mit Blick auf ein Bild (Anker) aufzulösen, zu unterbrechen, und mit Hilfe der Atmung wieder auf ein Normalniveau zu kommen und die Situation aus einer völlig anderen Perspektive zu betrachten. Dies ist oft eine große Hilfe und eröffnet neue Lösungsansätze.

Die Atmung ist eine wesentlich beeinflussbare Körperfunktion. Sie ist somit autonom. Damit sind physische und psychische Leistungsparameter zu beeinflussen und steuerbar. Die bewusste Konzentration auf die Atmung blendet zudem externe Einflüsse weitestgehend aus, unser "innerer Dialog" kann unterbrochen werden.
Deshalb ist eine bewusst gesteuerte Atmung auch eine wichtige Einleitungstechnik bei Meditationen. Eine bewusste Atmung führt zwangsläufig zur emotionalen Entspannung, was deutliche Auswirkungen auf körperliche Funktionen wie die Blutzirkulation, emotionale und kognitive Prozesse hat. Es kommt u.a. zum Abbau von Ängsten und zur Verbesserung von Lernprozessen.

Zur Einleitung einer Atmungs- und Entspannungstechnik sollte eine entspannte Körperposition eingenommen werden. Hier bietet sich in erster Linie eine Sitzposition an, aufrecht, beide Füße vollständig und fest auf dem Boden. In liegender Position besteht bei tiefer Entspannung die Gefahr des Einschlafens. In stehender Position ist eine gewisse Übung notwendig, dennoch ist es sehr wohl möglich, derartige Übungen im Stehen durchzuführen. Sicher ist es nicht notwendig, wie es z.B. aus Meditationstechniken unter anderem des ZEN-Buddhismus und anderer fernöstlicher Philosophien bekannt ist, einen für durchschnittliche Mitteleuropäer eher unbequemen und anstrengenden Lotussitz, in all seinen Variationen, einzunehmen. Dies behindert eher die Konzentration auf das Wesentliche, hier die Atmung, und es besteht die Gefahr, dass die Übung abgebrochen wird.

Die Konzentration richtet sich jetzt auf den normalen, individuellen Atemzyklus, der zunächst willentlich nicht beeinflusst werden sollte. Eine große Hilfe ist hierbei die Konzentration auf den leicht spürbaren Luftstrom am Naseneingang. Nach kurzer Zeit (individuell verschieden) erfolgt eine Konzentration auf die Ausatmung, die durch den Mund vorgenommen wird, eingeatmet wird durch die Nase. Diese sollte bewusst etwas langsamer ausgeführt werden, gefolgt von einer kleinen Atempause, bis die Atmung spontan wieder durchgeführt wird. Dies geschieht automatisch, im Wesentlichen gesteuert durch einen Anstieg der CO2-Konzentration im Blut. Diese körpereigene Steuerung führt unmittelbar zu einer etwas intensiveren und verstärkten Einatmung. Der Körper pendelt sich auf einen Atemrhythmus ein, der schnell und effektiv zu einer tiefen Entspannungsphase führt.

Diese schnelle Entspannungstechnik ist z.B. vor einem Wetkampf sehr effektiv. Im Training kann dies mit einer Pulskontrolle verbunden werden. Mir ist es z.B. möglich, in kürzester Zeit mit dieser Methode meinen Ruhepuls um bis zu 10 Schläge/Minute zu senken.

Durch leichte Modifikationen kann man sich mit diesen Techniken aber ebenfalls motivieren, die Atmungsübung wirkt dann stimulierend und aktivierend. Der wesentliche Unterschied besteht in einer bewussten Konzentration auf die Atmung.

Visualisierung

Die Visualisierung umschreibt Techniken, die mental den Ablauf oder Teile eines realen Vorhabens (Wettkampf) bzw. eines Ereignisses (Siegerehrung) hautnah simulieren. Der im Kopf ablaufende Film kann mental beeinflusst, gesteuert und gelenkt werden.

Die Visualisierungen beschränken sich nicht nur auf die bildliche Vorstellung, sondern auf alle Sinne die nötig sind, um eine möglichst realistische mentale Simulation zu erzeugen. (Bewegungen des Abfahrtsläufers vor dem Start). Bedeutung haben somit auch das Körpergefühl (kinästhetisch), Geschmack, Geruch und Gehör.

Für einen Sportschützen ist es sinnvoll, die Visualisierung aus einer inneren Position zu betrachten. Die "internale Perspektive" zeigt das, was der Betreffende bei der Absolvierung seiner Aufgabe wirklich sieht. Dies macht beim Schusswaffengebrauch durch die Einbeziehung von Visierbild und Haltepunkt sicher Sinn.  Gleiches trifft auf die exakte Abzugskontrolle im Sinne der kinästhetischen Visualisierung zu.

Im Gegensatz dazu ist es auch möglich, auf eine äußere Perspektive der Visualisierung zuzugreifen, man sieht sich aus der Position einer anderen Person ("externale Perspektive"). Vergleichbar ist dies mit dem Betrachten eines Videos.

Bei der Wahl der jeweiligen Visualisierung spielen die individuellen Vorlieben eine große Rolle. Auch kann zwischen beiden Möglichkeiten gewechselt werden. Innere, äußere und kinästhetische Komponenten treten meist kombiniert auf.

Das wohl bekannteste Beispiel einer Visualisierung ist die vorstellung einer Zitrone, deren Farbe, Konsistenz, Geschmack, Geruch, Geruch, Säure. Wem läuft bei diesem Gedanken nicht sofort das Wasser im Mund zusammen? Nach ähnlichem Muster laufen alle Visualisierungen ab. Von Bedeutung ist hierbei z.B. das Gefühl, "wie fühlt sich meine Waffe an?", kann ich das mental rekonstruieren, ist dies ein gutes Gefühl, ist das reproduzierbar? Die Haptik hat hierbei nicht nur eine rein praktische Bedeutung z.B. der Griff- und Rutschfestigkeit.

Eine hervorragende Möglichkeit der internen Visualisierung bietet sich auf dem Gebiet des Trainings einer sauberen Abzugsmanipulation. Der Schießrhythmus ist ist mental sehr gut zu simulieren und zu verinnerlichen, beginnend mit dem Visierbild/Haltepunkt über die Schussabgabe, Trigger-Reset bis zum Nachzielen. Kombiniert mit einem sinnvollen Trockentraining und der Überprüfung auf dem Schießstand, lassen sich hier erstaunliche Fortschritte erzielen.

Mit speziellen Übungen (Anleitung, Übungsleiter oder Trainer sind zumindest am Anfang sinnvoll!) kann u.a. eine Siegermentalität ("Winner-Feeling") gefestigt werden.
Die Visualisierung der Aufgaben innerhalb taktischer Szenarien kann verinnerlicht werden. Dies kann für behördliche Waffenträger interessant sein (Jetzt- oder Nie-Szenario).
Die Konzentration auf das Wesentliche ist mit speziellen Visualisierungen gut trainierbar. Ein Ansatzpunkt ist z.B. die Fokussierung auf das Problem "Trigger-Reset".


Von Dr. Jochen Scopp

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Montag, 6. Oktober 2014

Medizinische Aspekte des Schusswaffentrainings (Teil 2)

Körperliche Voraussetzungen und Fitness

Eine gewisse Grundkondition ist bei Schießwettkämpfen von erheblichem Vorteil. Die Schussabgabe an sich erfordert keine große Muskelarbeit und auch an die Belastbarkeit des Herz-Kreislaufsystems werden keine extremen Anforderungen gestellt. Dennoch sind für gute Schießergebnisse eine trainierte Muskulatur in Arm, Schulter, Nacken und Rücken sehr vorteilhaft. Spätestens nach 3 Trainingseinheiten mit der Trap-Flinte wird dies deutlich.
Diese Erfahrung blieb auch mir nicht erspart. Als ich einen Tageskurs Trap mit über 300 Schuss absolvierte, wurde mir dies bewusst. Falls man nicht permanent an Wettkämpfen teilnimmt, sollte ein allgemeines Fitnesstraining für Herz-Kreislauf und Muskulatur ausreichend sein.
Ein Großteil der Bevölkerung in Deutschland treibt regelmäßig Sport, sei es Jogging, Radfahren, Schwimmen oder das Training in einem Fitnessstudio. Bessere Schießergebnisse sind die Folge einer regelmäßigen sportlichen Betätigung, der erwiesenermaßen positive Effekt auf das allgemeine Wohlbefinden sei hier nur am Rande erwähnt.

Besonders deutlich wird die Problematik einer allgemeinen Fitness bei der Herstellung und Beibehaltung einer stabilen Schiessposition über längere Zeit und bei Stresssituationen, z. B. behördliche Waffenträger/Militär. Allerdings wird bei diesen Personengruppen eine körperliche Eignung vorauszusetzen sein.

Eine möglichst ruhige Waffenhaltung ist unabdingbar für eine kontrollierte Schussabgabe. Jede Armbewegung, jede Körperbewegung beeinflusst einen kontrollierten Zielvorgang. Die tragenden Strukturen  unseres Körpers, das menschliche Skelett, werden durch eine trainierte Muskulatur stabilisiert. Am Beispiel des Schuss- und Unterstützungsarmes beim Kurzwaffeneinsatz wird dies sehr deutlich. Die Arme müssen unterstützt von (trainierten?) Muskeln in einer etwa waagerechten Haltung nach vorn stabilisiert werden. Die seitliche Richtung wird ohne großen Muskeleinsatz für eine Visierlinie, Auge-Kimme-Korn-Ziel, gehalten. Diese möglichst ruhige Haltung beim Schießen ist schwer zu erreichen. Einerseits sind reproduzierbare Bewegungsabläufe und Schießpositionen, die möglichst wenig Muskelunterstützung benötigen, sinnvoll (moder isoceles). Andererseits ist es praktisch unmöglich, unseren Körper vollständig ruhig zu halten. Dies ist u.a. durch den Herzschlag, die Atmung und die Magen-Darm-Peristaltik bedingt.

Die gebräuchlichen Atemtechniken bei der Schussabgabe im Wettkampf sind bekannt und können den Einfluss der Atmung reduzieren. Unser Körper versucht instinktiv, bei allen diesen Bewegungen gegenzusteuern. Durch kleinste Veränderungen der Körperposition (z. B. Arme) wird über Reflexbögen eine Gegenreaktion der Muskulatur erzeugt. Je besser unsere Muskulatur trainiert ist, je besser sich unser Herz-Kreislauf-System Stresssituationen anpassen kann, umso weniger sollten uns diese "Autoregulationen" unseres Körpers bei der Schussabgabe beeinflussen.

Diese Mechanismen treten natürlich auch bei allen anderen Schießpositionen auf. Es ist generell nicht möglich, dass wir unseren Körper komplett ruhig halten. Einen wesentlichen Einfluss haben darauf allerdings auch die Psyche, Konzentration, Ausdauer, Selbstvertrauen, und Selbstbeherrschung.

Psychologische Konditionierung

Jeder Waffennutzer kennt das Phänomen, dass an den meisten Tagen gute Trainingsergebnisse erreicht werden, an anderen deutlich schlechtere Schussbilder zu erkennen sind. Obwohl gleiche äußere Bedingungen vorliegen, die gleiche Waffe und Munition benutzt werden, treten diese Unterschiede auf. Eine Ursache liegt in der aktuellen mentalen Verfassung des Schützen.
Ein Schütze, der in einem nicht optimalen mentalen Zustand an einem Wettkampf teilnimmt, kann trotz bester körperlicher Verfassung nicht mit einer der vorderen Platzierungen rechnen.
Welche Methoden des psychologischen Trainings gibt es, um auf den Punkt mental für die zu absolvierende Aufgabe fit zu sein?

In der Praxis bieten sich 4 Trainingsbereiche an:
Atemtechnik (Atemregulation)
Visualisierung
Selbstgespräche
Meditation

Bewusstes ständiges und systematisches mentales Training ist bei Weitem noch keine Selbstverständlichkeit. Am häufigsten wird im professionellen sportlichen Umfeld (Fußball, Tennis, Golf, Formel 1 etc.) mit derartigen Methoden gearbeitet.
Wesentliche Ziele hierbei sind Motivation, Selbstvertrauen, Wahrnehmung und Konzentration. Dies ist bei Weitem keine umfassende Aufzählung. Bei der Schusswaffenanwendung kommen im Wesentlichen Konzentration und Selbstvertrauen als Trainingsziel in Frage. Diese psychischen Leistungsparameter können mit den o.g. Techniken spezifisch beeinflusst und in gewissen Grenzen auch kontrolliert werden.

Unser zentrales Nervensystem (ZNS) ist permanenten Veränderungen unterworfen (Lernprozesse), die meist unterbewusst ablaufen. Diese Prozesse zu beeinflussen und bewusst zu steuern ist Ziel jeder psychologischen Konditionierung.
Um neue neuronale Verbindungen (Lernen!) herzustellen, ist ähnlich dem physischen Training eine ständige Wiederholung anzustreben. Wichtig dabei ist, von positiven Erfahrungen, Erlebnissen und Emotionen auszugehen und diese zu vertiefen. Dabei werden spezielle kortikale Bereiche des ZNS (Großhirnrinde) beeinflusst und aktiviert, die den Lernprozess positiv beeinflussen. Negative Emotionen hingegen erreichen ZNS-Areale, die speziell für Angst und Stressreaktionen ansprechbar sind. Dies ist heute mit modernen medizinischen Methoden nachweisbar, z.B. mit Hilfe eines Magnetresonanztomographen (MRT).So aufwendig muss dies allerdings nicht sein. Jeder Mensch hat seinen "privaten MRT" ständig bei sich.
Dies geschieht u.a. in der unmittelbaren Phase vor dem Einschlafen und nach dem Aufwachen, wenn unsere Gedanken "spazieren gehen". Lasse ich dabei möglichst viele positive oder eher negative Gedanken und Emotionen an mich heran? Dies ist gezielt beeinflussbar und "trainiert" die entsprechenden Gehirnareale.

Von Bedeutung ist ebenfalls, dass unser Unterbewusstsein keine Verneinung kennt. Bei dem Satz "ich bin nicht nervös" vor einem Wettkampf registriert unser ZNS den Begriff "nervös" und aktiviert die entsprechenden Gehirnareale für Angst, Stress und eben Nervosität. Richtig müsste es heißen: "Ich bin konzentriert, aufmerksam und motiviert".
Kennt das ZNS jetzt diese positiven Begriffe durch eine entsprechende psychische Konditionierung, werden diese Hirnareale sofort aktiv und unterstützen den Schützen bei seiner Aufgabe. Dies ist unter anderem auch für private, berufliche und gesundheitliche Bereiche bedeutsam.

Die Frage ist, wie konditioniere ich mich, eher positiv oder eher negativ?
Unser Unterbewusstsein registriert dies sehr genau. Allerdings reicht einfach "positives Denken" nicht aus. Die Gedanken müssen auch realistisch sein. Wenn ich mir z.B. vorstelle, ich laufe ab nächste Woche die 100 m unter 11 Sekunden, führt das nur zur Frustration und die entsprechenden Gehirnareale werden aktiviert. Der oft zu hörende einfache Spruch "denk positiv" ist somit meist sinnlos und kontraproduktiv.

Ein beeindruckendes Beispiel für mentale Stärke und Konzentration lieferte Steffi Graf bei einem ihrer Grand-Slam-Finale, als sie sich derart und nur auf den nächsten Punkt konzentrierte und alles andere ausblendete, dass sie weiterspielen wollte und nicht bemerkte, dass sie das Match bereits gewonnen hatte. Erst die Kampfrichter konnten sie bremsen.

Derartige mentale und psychische Konditionierungen sind meist nur Ausnahmeathleten vorbehalten. Dennoch ist es möglich und sinnvoll, mentale Stärke und emotionale Fitness zu stärken und somit zu besseren Ergebnissen bei Training, Wettkampf und behördlichem Waffeneinsatz zu gelangen. Die vier genannten Techniken sind dabei unverzichtbare Hilfen für Sportler, Trainer und behördliche Waffenträger. Meditation stellt eher einen Überbegriff dar und beinhaltet Elemente aus den verschiedenen Techniken zur mentalen Konditionierung.


Von Dr. Jochen Scopp

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Dienstag, 23. September 2014

Medizinische Aspekte des Schusswaffentrainings (Teil 1)

"Was hat der Einsatz einer Schusswaffe mit Medizin zu tun?" Diese öfter auf dem Schießstand gestellte Frage ist nicht sofort zu beantworten und beschäftigt mich seit einigen Wochen.
Gibt es Berührungspunkte jenseits der Versorgung einer Schusswaffenverletzung bei einer bewaffneten Auseinandersetzung oder gar bei einem Unfall im Training oder Wettkampf überhaupt?
Je mehr ich mich in das Thema vertiefte, umso deutlicher wurde, dass die bessere Frage lautet: "Bei der Fülle des Stoffes, was können wir weglassen?"

Aus Gründen der Übersichtlichkeit und Didaktik ist es sinnvoll, dieses weite Feld zu unterteilen und in mehreren Beiträgen einen Versuch zu unternehmen, einige wichtige, insbesondere praktische Aspekte mit Nutzen für Sportschützen, Jäger und behördliche Waffenträger, darzustellen.

Folgende Unterteilung scheint sinnvoll:
1. Besonderheiten des Schießsports und der Anwendung von Schusswaffen
2. Physische und psychische Voraussetzungen des Schusswaffengebrauchs/Trainings und psychologische Konditionierung
3. Das menschliche Auge: Voraussetzung einer guten Zielerfassung, Diagnostik und Hilfsmittel
4. Der Einfluss von Medikamenten bei der Schussabgabe
5. Die Sofortversorgung von Schusswaffenverletzungen


Besonderheiten des Schießsports und der Anwendung von Schusswaffen

Dieser erste Beitrag soll einige Besonderheiten des Schusswaffeneinsatzes beleuchten.
Der Schießsport ist eine Sportart, die sowohl physische, im besonderen Maße aber psychische Anforderungen an den Schützen stellt. In weit ausgeprägterem Maße trifft dies auf den Einsatz von Schusswaffen im militärischen, polizeilichen und sonstigen Bereichen (Personenschutz, Wachdienste et.c) zu. Hier kommt es besonders auf eine gewisse Stressresistenz an. Ein Sportler kann im schlechtesten Fall mit seinen Trainingsergebnissen unzufrieden sein, diese Trainingseinheit ggf. wiederholen, oder das Wettkampfergebnis ist subjektiv einfach unbefriedigend. Bei einem Einsatz der Schusswaffe in behördlichen Bereichen und beim Militär steht oftmals das eigene Leben auf dem Spiel, eine völlig neue Dimension der Stressbewältigung und des Umgangs mit sich selbst wird offenbar. Einen, wenn auch minimalen Eindruck davon erhält man u.a., wenn eine Übung, die ohne Zeitdruck absolviert wird, plötzlich unter Zeitdruck geschossen wird. Und hierbei ist nur der Faktor Zeit als Stress auslösende Komponente hinzugekommen.

Schießsport ist kein Publikumsmagnet, selten sieht man bei Wettkämpfen mehr Zuschauer als bei einem dritt- oder viertklassigen Fußballspiel. Ausgenommen sind hier vielleicht Wurfscheibendisziplinen wie Skeet oder Trap.
Die oft grotesk anmutende prinzipielle Ablehnung von allem was mit Schusswaffen zu tun hat, begründet sich einerseits besonders in Deutschland mit historischen Erfahrungen, besonders der beiden Weltkriege des letzten Jahrhunderts, andererseits wird diese Abneigung von einem oft irrationalen Zeitgeist und der sogenannten "political correctness" diktiert, wer immer diese derzeit auch definiert. Dennoch wird der Schießsport von vereinsinternen Wettkämpfen bis hin zu olympischen Spielen intensiv betrieben.
Dies hat mehrere Gründe.

Der Schießsport verlangt ein hohes Maß an Konzentration, Selbstbeherrschung, Ausdauer, Selbstvertrauen und ab einem gewissen Level auch eine gewisse Siegermentalität. Andererseits sind gute Wettkampfergebnisse ohne eine gewisse Grundfittness nicht erreichbar. Es ist somit eine hohe körperliche und gesitige Fitness notwendig, gleichwohl ist die direkte körperliche Belastung eher gering. Die Komplexität dieser Anforderungen an sich selbst versteht man sicher nur als aktiver Schütze in seiner ganzen Breite und Faszination.Auch eröffnet dies die Möglichkeit, diese Sportarten bis ins hohe Lebensalter mit respektablen Ergebnissen auszuüben. Die technische und ästhetische Anmutung einer schönen Präzisionswaffe trägt sicher zur Faszination dieser Sportarten bei, ist aber nicht Gegenstand dieses Beitrages.

Schützen, die ihren Sport eine Zeit lang ausüben, erliegen in den meisten Fällen dieser Faszination. Schnell wird den meisten klar, dass ein wesentlicher Erfolgsbaustein in einer stabilen Psyche liegt. Selbstbeherrschung, Konzentrationsfähigkeit und Ausdauer sind bedeutende Bausteine auf dem Weg zu besseren Schießergebnissen.
Diese Eigenschaften sind zu erlernen und trainierbar. Einige grundlegende Techniken werden in Teil 2 dieser Artikelserie vertieft.

Auch sind die Ausbildung und Vertiefung bedingter Reflexe eine wichtige Trainingsmethode. Als Beispiel sei an dieser Stelle nur die falsche Konditionierung des Abzugsfingers erwähnt. Ein Großteil schlechter Schießergebnisse ist auf eine Fehlkonditionierung  des rechten (respektive linken) Zeigefingers zurückzuführen.

Die Grundstellung und Körperhaltung des "modern isoceles" kommt unserem Körper und dem sogenannten Muskelgedächtnis entgegen. Unser ZNS und der Körper möchten Fehlstellungen und Muskelverspannungen immer sofort und vor allem unterbewusst korrigieren. Diese Korrektur findet ständig statt, nicht nur bei der Handhabung einer Waffe. Optimierungsmöglichkeiten sind auch hier gegeben. Details wie Visualisierung und Atemtechnik werden in Teil 2 näher beschrieben.

Für Militär, Polizei und andere Gebrauchswaffenträger ist eine gewisse Bewusstseinshaltung essentiell. Es könnte bei einem Schusswaffeneinsatz um das eigene Überleben und die mögliche Verletzung eines potentiellen Gegners gehen. Nicht jeder ist dieser Belastung gewachsen, dennoch ist auch diese in gewissen Grenzen erlern- und trainierbar.

Zur Funktion und Anpassung des menschlichen Auges als wichtiger integraler Bestandteil der Zielerfassung und somit einer erfolgreichen Schussabgabe wird in Teil 3 etwas ausführlicher Stellung genommen.

Der Einfluss von Medikamenten ist nicht nur im Hochleistungssport (Dopingliste), sondern auch bei allen anderen Schusswaffeneinsätzen (z. B. Jagd) nicht zu vernachlässigen. Einige grundlegende Überlegungen zu diesem Teilbereich folgen in Teil 4.

Die Darstellung einer ersten medizinischen Hilfe mit dem Schwerpunkt Schussverletzung runden in Teil 5 diese Beitragsserie ab. Hierbei kann vieles, z.B. aus der Fahrschulausbildung als bekannt vorausgesetzt werden. Eine Auffrischung des einstmal gelernten ist auch aus Gründen der möglichen Einsatznotwendigkeit im Alltag jedoch immer aktuell. Spezielle Sofortmaßnahmen bei Schussverletzungen werden selbstverständlich gesondert behandelt.
Mannigfaltige Anregungen von medizinischen und zahnmedizinischen Kollegen, interessierten Freunden und Bekannten sind in diese Überlegungen eingeflossen.

Wir bitten um Kritik und Anregungen!

Von Dr. Jochen Scopp

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Mittwoch, 11. Juni 2014

Dark Angel Medical

Bei unseren Recherchen im Internet stellen wir immer wieder fest, dass die Bereiche Taktik, Waffen oder Medic von englischen Seiten dominiert werden. Da nicht jeder diese Seiten einfach mal locker überfliegen kann, stellen wir euch heute die Seite von "Dark Angel Medical" vor, die immer wieder mit der Frage konfrontiert werden: "Ein Medical Kit für einen Schützen? Warum?"

Wer sind Dark Angel Medical?

Gegründet wurde die Firma von dem Ehepaar Kerry und Lynn Davis in Lafayette/Colorado. Beide sind aktive Schützen, die zusammen über 20 Jahre Ausbildungs- und Arbeitserfahrung in medizinischer Notfallhilfe, sowohl im militärischen als auch im zivilen Bereich, vorweisen können. Der Name resultiert aus dem von ihnen zusammengestellten Medical Kit, dem Direct Action Response Kit (D.A.R.K.). Der Umgang mit diesem wird von dem Ehepaar in 2-tägigen Trainingskursen angeboten und versteht sich als Bindeglied zwischen herkömmlichen, zivilen Erste-Hilfe-Kursen und militärischen Ausbildungen. 

"Ein Medical Kit für einen Schützen? Warum?"

Auch wenn die Frage seltsam erscheint, sie wird wohl häufig gestellt. Dennoch scheint in den USA unter Schützen das Bewusstsein zu wachsen, dass man auf Notfälle vorbereitet sein sollte und vor allem auch durch eine passende Ausbildung seine Überlebenschancen in ernsten Situationen verbessern kann. Ebenso, wie man sich auch nicht ein Waffe kauft und dann einschließt und nie damit trainiert, sollte man es mit Medical Kits handhaben.

Schlichtheit unter Stress

Das Direct Action Response Kit enthält gemäß dem Prinzip "Schlichtheit unter Stress" nur wenige Komponenten, denn der Gebrauch findet eventuell in Situationen statt, wo jede Sekunde zählt. Ähnlich wie die Suche nach etwas im Haus wenn man zu spät dran ist, das einem direkt vor der Nase liegt, man es aber nicht sieht vor lauter Durcheinander, soll sich der Inhalt des D.A.R.K. aufgrund der Stresssituation auf das Wesentliche beschränken. 

Dark Angel Medical bei Facebook

Vielleicht habt ihr Lust, euch die durchaus spannende Facebook-Seite von Dark Angel Medical einmal anzusehen. Neben Informationen zu deren Medic-Produkten und Trainings, ist vor allem die Serie "What if? Wednesday" ("Was wenn? Mittwoch") interessant. Hier werden Szenarien geschildert, in denen in einer Notfallsituation ein schnelles Eingreifen erforderlich ist. Die Fans sind dann aufgefordert, ihre Reaktion auf die Situation zu beschreiben - hierbei wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass nur seriöse Antworten erwünscht sind. Für die Seite sind allerdings gute Englisch-Kenntnisse notwendig.


Von Tina Hoffmann

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Donnerstag, 5. Juni 2014

Bandages

Wer kennt sie nicht aus dem Erste-Hilfe-Kasten, die Verbandpäckchen und Fixierbinden. Für kleinere Verletzungen sind diese ja völlig ausreichend, aber bei großen Verletzungen und schweren Blutungen hat man das Gefühl, man bekommt eine .22er in die Hand gedrückt und soll damit auf einen Elefanten schießen.

Aber zum Glück gibt es nicht nur diese einfachen Verbandpäckchen, sondern auch Effektiveres, wenn man stark blutende Wunden versorgen muss. Im Folgenden werde ich ein paar Produkte vorstellen und in Wort und Bild beschreiben, nämlich die Notfall-Bandage ("Israeli Bandage") und Wound Stop von First Care, die Olaes-Bandage von Tactical Medical Solutions und die Emergency Trauma Dressing (ETD) von North American Rescue.

Gemeinsamkeiten und allgemeine Merkmale der Bandages

Zunächst ist allen Bandages die robuste Verpackung gemeinsam, oft gibt es eine innere Verpackung aus (dünnem) Plastik oder Papier und eine robuste PVC-Außenhülle, die vakuumiert wurde. 
Alle bestehen aus einer Binde, die wesentlich stabiler ist, als bei einem herkömmlichen Verbandspäckchen, einer größeren (längeren) und dickeren Wundauflage (die oft an eine Damenbinde erinnert) und weiteren Features, wie ein Schutz gegen unbeabsichtigtes Abrollen und Klettflächen zum Verschließen der Bandages. 3 von 4 dieser Bandages haben einen eingebauten Druck-Applikator.
Zudem bieten alle Hersteller die Bandages in verschiedenen Größen an, zumeist 4"inch (ca. 10 cm), 6"inch (ca. 15 cm) und Abdominal.

Die Notfallbandage von First Care: "Israeli Bandage" 

Die Notfallbandagen der Firma First Care sind besser bekannt unter dem Begriff "Israeli Bandages", denn da werden sie hergestellt, auch wenn das auf der Webseite von First Care nicht so ersichtlich ist. (Braucht die Mehrzahl der Leser nicht zu stören, uns hat der Hinweis "made in Israel" schon Schwierigkeiten beim Verkauf bereitet). Die Bandage gibt es in zivilem Weiß (Verpackung wie auch Bandage) sowie militärischem Olivgrün. Auf der Außenseite der Bandage, also der Wundauflage gegenüberliegend, befindet sich ein Druck-Applikator aus Plastik, mit dem Druck auf die Wunde ausgeübt werden kann. Ein Abrollschutz besitzt die Israeli Bandage in Form von Fäden mit Knotenenden, die sich beim Abrollen leicht herausziehen lassen, aber im Falle des Loslassens der Bandage verhindern, dass diese von alleine abrollt. Am Ende der Bandage befindet sich eine Klammer zur Fixierung.




Wound Stop: Die kostengünstigere Bandage von First Care

Die Wound-Stop Bandage gibt es in zivilem Weiß und in 3 verschiedenen Größen, wobei die "dritte Größe" nicht die Abdominal-Bandage ist, sondern ein "First Aid Wound Dressing", eine Version, die man am besten mit "Verbandpäckchen mit Druck-Applikator" beschreiben könnte, also kleiner und simpler (Material nicht ganz so elastisch wie bei der Notfallbandage und kürzer, Kompresse kleiner und flacher) aber auch kostengünstiger. Die beiden anderen Größen sind vom Aufbau gleich wie die weißen (zivilen) Versionen der Israeli Bandage, unter anderem Namen, Herstellungsort in den Niederlanden und etwas kostengünstiger.







Emergency Trauma Dressing (ETD)

Die Bandage von North American Rescue ist die einzige der vorgestellten Bandages, die keinen Druck-Applikator hat. Sie besteht also aus einer robusten elastischen braunen Bandage mit aufgenähter Wundauflage, etwa von gleicher Stärke wie die der Israeli Bandage. Ein ca. 1,5 cm breiter Klettstreifen ganz am Anfang der Bandage (um sie leichter einhändig um das verletzte Körperteil herum befestigen zu können), schmale, längs aufgebrachte Klettstreifen innerhalb der Bandage (als Abrollschutz) und eine Klammer zur Befestigung der Bandage nach vollständiger Abrollung vervollständigen das Produkt.






Olaes Bandage: Mull statt Wattekompresse

Die Olaes Bandage von Tactical Medical Solutions fällt am meisten aus dem Rahmen: es ist weniger die elastische Bandage in einer Farbe, die man als "Sand/Desert" beschreiben könnte, sondern eher die Kompresse und der Druck-Applikator, der sie von den anderen absetzt. Während die anderen Bandagen mit einer Wattekompresse unter einer Vliesschicht arbeiten, befindet sich bei der Olaes-Bandage z-gefalteter Mull unter dem Vlies, sodass die Wundauflage wesentlich dicker ist als bei den anderen Bandages. Als Druck-Applikator dient eine Plastik-Halbkugel. Weitere Merkmale der Bandage sind ein ca. 1,5 cm breiter Klettstreifen am Anfang der Bandage (auch hier wieder zum sicheren Fixieren der Bandage zu Beginn des Wickelvorgangs, sodass auch einhändig gearbeitet werden kann), schmale, quer aufgenähte Klettstreifen (als Abrollschutz) und eine Klammer zur Befestigung der Bandage nach vollständiger Abrollung.







Verfasst von Claudia Bommer

Vergleich dreier Rip-Away-Kits

Im Rahmen der Medic-Wochen möchte ich nochmals einen Blick auf drei verschiedene Rip-Away-IFAKs werfen, nämlich die Quick Release Medical Pouch von Blackhawk, die IFAK-Pouch von Clawgear und das Modular Rip-Away First Aid Kit von Helikon. Die ersten zwei wurden bereits in früheren Blogbeiträgen besprochen, die von Helikon ist erst seit kurzer Zeit erhältlich und wird nun zum ersten Mal auf unserem Blog vorgestellt.

Features der Rip-Away-IFAKs

Wenn man den prinzipiellen Aufbau der IFAKs vergleicht, so sind Helikon und Clawgear gleich aufgebaut, die Blackhawk etwas anders. Alle drei IFAKs haben eine Rückenplatte mit Klett (Clawgear) oder Velcro (Helikon/Blackhawk), die auf der Rückseite mit Molle versehen sind (Clawgear und Blackhawk mit Befestigungsriemen mit Druckknöpfen, bei Helikon müssen Tac-Ties o.ä. verwendet werden). Jedoch sichert nur Blackhawk sein IFAK lediglich mit einer Seitendruck-Schnalle, bei Clawgear und Helikon ist die Rückenplatte so verlängert, dass der Stoff vorn oben und unten die eigentliche Tasche umschließt. Bei allen dreien jedoch muss man in gleicher Weise eine Schnalle öffnen, eine Handschlaufe greifen und die Tasche vom Träger reißen (Bei Blackhawk ist diese zur besseren Erkennung rot). Auch einen Doppelreißverschluss zum Öffnen ist allen Taschen gemeinsam, Blackhawk hat hier die ausgefeilteste Variante, bei der die Schlaufen an den Reißverschlüssen mit (halben) roten Plastikringen versehen sind, um sie schnell zu finden und öffnen zu können.

Was die Innenausstattung mit Fächern und Schlaufen angeht, so bieten alle eine gute Aufteilung für die Basic-Ausstattung eines IFAK, denn hier ist es wichtig, dass die Schlaufen eher groß und nicht zu kleinteilig sind. Die aufwendigste Ausstattung hat hier Clawgear, die ein flaches Fach aus Mesch-Stoff schon auf der Außenseite hat, im Inneren neben einem flachen Fach mit Reißverschluß und großen Gummischlaufen noch zusätzlich ein Fach mit kleinen Gummischlaufen (für Ampullen), das unter einer Klappe aus Mesh-Stoff, mit Klett verschlossen, liegt. kurze Molle-Schlaufen an den Seiten plus 2 seitliche D-Ringe runden die detailreiche Ausstattung ab. Was der Clawgear-IFAK allerdings fehlt - im Gegensatz zu der von Blackhawk und Helikon - ist eine Velcro-Fläche für Patches. Von der Größe her betrachtet sind alle drei recht ähnlich (siehe Tabelle).

Qualität und Preis im Vergleich

Die Preise der IFAKs sprechen im Prinzip schon für sich: die von Helikon kostet 13,90 €, die von Clawgear 36,90 € und die von Blackhawk 39,95 €. Während das Helikon-IFAK also sehr günstig ist, sind die anderen beiden in etwa gleich und als eher hochpreisig zu bezeichnen. Allerdings lassen sich die Preise durchaus durch Aufmachung und Qualität rechtfertigen. An der Verarbeitung ist bei allen dreien, also auch beim Helikon-IFAK, nichts auszusetzen, die Nähte sind gerade und es gibt keine losen Fäden. Das verwendete Material, allem voran der Stoff, lässt aber durchaus Qualitätsunterschiede erkennen. Zudem weist das Helikon-IFAK, wie oben beschrieben, wesentlich weniger Features auf wie die anderen zwei, ist also simpler gearbeitet, was das IFAK insofern auch kostengünstiger sein lässt.

Letztlich muss sich jeder selbst entscheiden, was er benötigt und haben möchte. Das Helikon-IFAK ist jedenfalls unschlagbar günstig und wenn man bedenkt, dass eine Befüllung mit Quick Clot, Bandages, Tourniquet, Rip Shears und weiterem Material den Preis nochmals ordentlich in die Höhe treibt, dann kann es durchaus eine Option sein, an der Pouch etwas zu sparen. Gerade auch, wenn sie nicht in militärischen oder taktischen Einsätzen Verwendung findet, sondern beispielsweise als RAFAK an der Waffentasche, dem Range Bag oder dem Rucksack befestigt wird, um im Notfall schnell darauf zugreifen zu können.

Tabellarische Übersicht Rip-Away-IFAKs




Blackhawk
Clawgear
Helikon
Befestigung ohne zusätzliche Hilfsmittel
Ja
Ja
Nein
Patchfläche
Ja (6 cm x 6 cm)
Nein
Ja (5 cm x 5 cm)
Größe (ca., nur Tasche)
20 cm x 15 cm x 8 cm
20 cm x 15 cm x 7 cm
18 cm x 14 cm x 7 cm
Rückseite Tasche
Klett
Klett
Velcro
Preis (bei uns im Shop)
39,95€
36,90€
13,90€
Doppelreißverschluss
Ja
Ja
Ja
Ampullenfach
Nein
Ja
Nein


Von Claudia Bommer

Hier das Rip-Away- First-Aid-Kit von Helikon:








Die Quick Release Medical Pouch von Blackhawk:







Die IFAK-Pouch von Clawgear:











Dienstag, 3. Juni 2014

Neues Produkt zur Stillung blutender Wunden

Ich hatte vor einigen Wochen einen Link auf unserer Seite gepostet, der rein informativen Charakter haben sollte. Es ging um eine Injektionsspritze der Firma RevMedx, die mit kleinen, zu Tablettenform gepressten Schwämmen gefüllt ist, und die Blutung von stark blutenden Wunden, besonders an Körperstellen an denen man kein Tourniquet anlegen kann, stoppen soll. Die Links verwiesen – wie so oft – auf englischsprachige Seiten und aufgrund von Nachfragen stelle ich das Produkt nochmals in deutscher Sprache vor.

 

 „I fucking love science“: XStat FDA-zertifiziert 


Die Webseite „I fucking love science“ berichtete schon vor ein paar Monaten das erste Mal über XStat, eine Injektionsspritze, die mit kleinen, zu Tablettenform gepressten Schwämmen gefüllt ist und die Blutung von stark blutenden Wunden stoppen soll. Am 6. April 2014 nun schrieb dieselbe Webseite erneut darüber, diesmal aber mit der Neuigkeit, das Produkt sei jetzt von der FDA zertifiziert (die Food and Drug Administration (FDA) ist die behördliche Lebensmittelüberwachungs- und Arzneimittelzulassungsbehörde der Vereinigten Staaten).

Hämostatika


Wenn man bedenkt, dass 50 % der Todesfälle bei Kampfhandlungen seit dem 2. Weltkrieg auf Verbluten zurückzuführen sind, kann man die Bemühungen verstehen, die unternommen werden, um – gerade auch im militärischen Bereich – möglichst effektive Mittel und Methoden zu entwickeln, die Blutungen stoppen sollen.
Eine Möglichkeit, die zwar nicht als Hämostatikum bezeichnet werden kann, ist das Abbinden: der Blutfluss wird unterbunden, indem die Arterien abgeklemmt werden. Hierzu werden mittlerweile diverse Modelle an Tourniquets angeboten. Bei nicht ganz so dramatischen Blutungen (oder zusätzlich zum Tourniquet) kann man diverse Bandagen direkt auf der Wunde verwenden, die aus Binde, Wundauflage und zumeist integrierter Druckvorrichtung bestehen („Luxusversionen“ eines Verbandpäckchens sozusagen). Ein dritter Ansatzpunkt ist, die Blutung direkt in der Wunde zu stoppen. Auch hierzu gibt es verschiedene Mittel und Methoden, sei es, dass lediglich Gauze in die Wunde gestopft wird, blutstillende Pulver oder Granulate oder mit blutstillenden Mitteln versetzte Gauze oder Kompressen (beispielsweise Quick Clot oder Combat Gauze).

XStat


Einen neuen Weg geht die Firma RevMedx mit XStat: bei diesem Produkt werden kleine Zelluloseschwämme mit absorbierender Beschichtung mittels einem spritzenähnlichen Applikator direkt in die Wunde, speziell Schuss- und Schrapnellwunden, eingefüllt. Wenn diese Schwämmchen mit Blut in Berührung kommen, dehnen sie sich sehr schnell aus und können die Wunde innerhalb von 20 Sekunden so ausfüllen, dass genug Druck ausgeübt wird um den Blutfluss während des Patiententransportes zu stoppen. Die Schwämmchen sind mit Markern ausgestattet, die beim Röntgen gesehen werden können, so dass sichergestellt werden kann, dass keine Schwämmchen in der Wunde verbleiben.
Bis zu 3 dieser Applikatoren können verwendet werden, um den Patienten zu stabilisieren. Ein Applikator enthält 92 dieser komprimierten Schwämmchen, die 9,8 mm Durchmesser und eine Höhe von 5 mm haben. Jeder dieser Schwämme kann 3 ml Blut (oder eine andere Körperflüssigkeit) absorbieren – das sind fast 1/3 Liter pro Applikator!
Besondere Bedeutung kommt XStat bei Verletzungen im Schulter- und Beckenbereich zu, also Körperregionen, an denen man kein Tourniquet ansetzen kann. Bis zu 4 h kann XStat in der Wunde verbleiben, bis der Verwundete klinisch versorgt werden kann.
XStat darf nicht im Brust- und Bauchbereich eingesetzt werden.
Erhältlich wird XStat noch dieses Jahr sein (in den USA).

RevMedx

  
Die FirmaRevMedx wurde 2009 gegründet, um ein Mittel zur Blutstillung für Körperbereiche, die nicht abgebunden werden können, herzustellen, vornehmlich für militärisch-taktische Einsätze. Sie arbeitet eng mit dem US Army Medical Research and Material Command und dem US Special Operations Command zusammen. Neben XStat arbeitet die Firma an weiteren interessanten Produkten im Bereich der präklinischen Blutstillung, wie XGauze, Airwrap, TXTourniquets und dem Shark Bite Trauma Kit.



Von Claudia Bommer


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